Heute jährt sich zum 30. Mal das schlimmste Massaker auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg. Über 8.000 muslimische Jungen und Männer wurden im Juli 1995 im bosnischen Srebrenica systematisch ermordet – unter den Augen der Weltgemeinschaft. Die Vereinten Nationen hatten das Gebiet zuvor zur Schutzzone erklärt – und versagten. Die internationale Gemeinschaft sah weg, schwieg – und ermöglichte dadurch, dass ein Genozid möglich wurde.
Drei Jahrzehnte später sehen wir dieselben Mechanismen – diesmal nicht auf dem Balkan, sondern in Gaza. Wieder sterben tausende Zivilisten, wieder werden Kinder unter Trümmern begraben, wieder hört man Begriffe wie „militärische Notwendigkeit“, wo in Wahrheit Menschlichkeit stirbt. Wieder sieht die Welt zu. Und diesmal – das ist die bittere Wahrheit – ist nicht nur Schweigen das Problem. Diesmal ist die westliche Welt, auch Deutschland, nicht Zuschauer, sondern Teil des Problems.
Wir, die DAVA, erinnern nicht nur an die Toten von Srebrenica. Wir klagen die heutige Doppelmoral an.
In Bosnien war es ein politisch motivierter Genozid gegen eine ethnische und religiöse Minderheit – verübt mit kalter Planung, mit Listen, mit Bulldozern, mit systematischer Vernichtung. In Gaza sehen wir heute die gezielte Entmenschlichung einer ganzen Bevölkerung, die Zerstörung ziviler Infrastruktur, die Blockade humanitärer Hilfe – und eine politische Unterstützung, die sprachlos macht.
Staatspräsidenten legen Kränze in Srebrenica – und unterschreiben gleichzeitig Rüstungsgeschäfte, die in Gaza zum Einsatz kommen. Auswärtige Ämter gedenken der Opfer von 1995 – während sie das Leid von heute diplomatisch relativieren. Wir sagen: Wer den Völkermord von gestern beklagt, darf nicht den von heute rechtfertigen.
Srebrenica ist nicht vorbei. Gaza ist nicht weit entfernt. Und die Lehren sind nicht gezogen.
Die Überlebende Almasa Salihovic bringt es auf den Punkt:
„Man kann mit Serben zusammenleben – solange man nicht über den die Taten von damals spricht. Sobald man es doch tut, fühlt man sich wie eine Angeklagte. Dabei will man nur, dass jemand endlich zuhört.“
Diese Worte stehen sinnbildlich für das, was auch heute in Gaza geschieht: Wer über das Unrecht spricht, wird dämonisiert. Wer auf Menschlichkeit pocht, wird isoliert. Wer Mitgefühl fordert, wird politisch kaltgestellt.
Und auch wir in Deutschland sollten uns fragen: Was nützt ein Mahnmal, wenn wir gleichzeitig neue Massaker dulden? Was nützen Gedenkworte, wenn wir politisch und wirtschaftlich mit jenen kooperieren, die Menschenrechte mit Füßen treten?
Wir als DAVA steht für eine Erinnerungskultur, die Verantwortung bedeutet.
Für ein Gedenken, das mit dem Hier und Jetzt verbunden ist.
Für ein Europa, das aus der Vergangenheit lernt, statt sie jedes Mal aufs Neue zu wiederholen.
Srebrenica mahnt. Gaza schreit. Die Welt schaut – und schweigt. Wir nicht.
Frankfurt am Main, den 11.07.2025
Vorstand DAVA
Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch